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Ein einfacher Algorithmus statt Copy, Paste und SVERWEIS


Kostet es wirklich mehr, manuelle und repetitive Finance Prozesse mit Automatisierung effizienter zu machen?


Reconciliation – Eine Sisyphos Arbeit, die man am liebsten schon automatisiert hätte.


Dass der englische Begriff Reconciliation nicht nur Abstimmung, sondern auch Versöhnung bedeutet, passt zur Vorstellung eines ordentlichen Buchhalters: Jede Buchung muss aufgehen, jeder Cent muss zuordenbar sein. Wie sehr sehnen sich folglich wohl jene pflichtbewusste Mitarbeitende im Accounting nach einer „Versöhnung“ mit dem Datensalat aus Einzelbuchungen und unerklärlichen Positionsveränderungen? Dennoch ist es für Unternehmen scheinbar günstiger, Vollzeitkräfte für mehrere Tage im Monat mit Datenabgleichen in riesigen Exceltabellen mit Copy, Paste und SVerweisen zu beschäftigen. Die Chancen einer Digitalisierung solcher vermeintlich hoch komplexer und nicht-standardisierbarer Prozesse werden selten in Betracht gezogen. 


 Warum ist das so?  



  • Die Suche nach einer algorithmischen Lösung kann lange dauern und kostenintensiv sein.
  • Oft ist es ungewiss, ob am Ende ein hinreichend hoher Automatisierungsgrad erreicht werden kann.
  • Selbst wenn datenaffine Fachbereiche ein Regelwerk festlegen können, fehlt Unternehmen die Möglichkeit, solche Algorithmen mit einer Infrastruktur, die einer Prüfung standhält, umzusetzen.


Ein einfacher Algorithmus zur Lösung des sogenannten Teilsummenproblems (begrenzte Enumeration) ist leicht zur Automatisierung heranzuziehen und man kann seine Ergebnisse rasch und nutzerfreundlich für die tägliche Arbeit visualisieren. Hierbei werden alle in Frage kommenden Teilsummen, aus denen sich eine gesuchte Gesamtsumme ergeben soll, miteinander kombiniert. Der Output dieses Verfahrens gibt die Kombinationsmöglichkeiten aus, die die Gesamtsumme ergeben. Somit werden Teilsummen zu einer Gesamtsumme zuordenbar. 


Methodik und Vorgehensweise


Durch algorithmische Iterationsverfahren können ungeklärte Salden durch die Kombination aller in Frage kommenden Teilsummen gelöst werden. Hiermit lassen sich alle passenden Kombinationen der Teilsummen ausgeben, jedoch nicht nur Teilsummen, sondern auch weitere Informationen, wie zum Beispiel die Rechnungsnummer und das Rechnungsdatum der jeweiligen Teilsummen. Während der Kontenabstimmung können dadurch Teilsummen (einzelne Positionen) effizient den Gesamtsummen (Salden) zugeordnet werden.  


Um ein Verständnis für das Lösungskonzept zu erlangen, werden wir uns zur Vereinfachung ein simples Beispiel ansehen: Im Zuge der Reconciliation möchte die Accounting Abteilung eines Finanzdienstleisters ungeklärte Salden (Gesamtsummen) zu deren Einzelpositionen (Teilsummen) zuordnen. Ohne algorithmische Iterationsverfahren muss durch manuelles Vorgehen die Zugehörigkeit ermittelt werden. Dies ist wie bereits erwähnt sehr aufwendig und zeitintensiv.  


Durch einen iterierenden Subset Matching Algorithmus (SMA) kann dieser Prozess jedoch automatisiert werden. Das bedeutet, dass die in Frage kommenden Teilsummen und die ungeklärte Gesamtsumme als Input für den SMA bereitgestellt wird. Dieser prozessiert nun alle Kombinationsmöglichkeiten und erzeugt als Output alle Kombinationsmöglichkeiten, die die Gesamtsumme ergeben. Aus diesem Output lassen sich dann die in Frage kommenden Teilsummen sehr stark eingrenzen und zuordnen. Der Output wird in unserem Fall in dem Business Intelligence Tool PowerBI eingelesen, entsprechend transformiert und als Graph visualisiert. Innerhalb der Visualisierung können wiederum durch Filtration die möglichen Fälle weiter eingegrenzt werden, da die Visualisierung weitere Informationen wie zum Beispiel Rechnungsnummer und Rechnungsdatum abbildet. Somit ersparen sich Mitarbeiter den großen manuellen Aufwand, Positionen händisch abzustimmen und profitieren von einem ganzheitlichen Subset–Matching-Tool, welches den SMA, eine geeignete Visualisierung sowie manuelle Korrekturmöglichkeiten umfasst: Accounting Mitarbeiter können damit schnell plausible Kombinationen ausmachen und für die Auflösung der Gesamtsumme heranziehen. Gleichzeitig ermöglicht die Visualisierung eine einfache User Experience zur Nachvollziehbarkeit der passenden Möglichkeiten der Matches. Realistische Einschränkungen aus der alltäglichen Situation (Datumsbereiche, Debitorennummern, Journals usw.) helfen sogar bei der Performance Optimierung des Algorithmus und sind erweiterbar. Einfacher Anfang (nur Summe entscheidet), aber: jederzeit und flexibel um relevante Attribute erweiterbar.  


Ergebnisse


Der Iterationsalgorithmus in einem simplen Subset–Matching-Tool erfolgt wie oben beschrieben als vollständige Enumeration. Das bedeutet, dass tatsächlich jede Kombinationsmöglichkeit prozessiert wird, egal ob es nun sinnvoll erscheint oder nicht. 


Anhand des folgenden Beispiels soll die vollständige Enumeration dargestellt werden:  


Gegeben sind fünf Zahlen, die als unsere Teilsummen dienen: 15, 45, 6, 3, 12. 


Unsere Gesamtsumme ist 9. 


Gesucht sind all die Kombinationen der Teilsummen deren Gesamtsumme gleich 9 ist. 


In einer vollständigen Enumeration werden alle Kombinationsmöglichkeiten prozessiert. Das bedeutet, dass 15 + 45 + 6 + 3 + 12 = 81 als erste prozessierte Kombinationsmöglichkeit nicht zutrifft und verworfen wird, jedoch bereits berechnet ist und Rechenkapazität beansprucht. Nun kann dem Algorithmus eine Bedingung mitgegeben werden, die eben genau diese obsolete Kombinationsmöglichkeit erst gar nicht prozessieren lässt. Diese Bedingung lässt den Rechenprozess für diese Kombination sofort abbrechen, sobald unsere gesuchte Gesamtsumme überschritten wird. Das heißt, sobald 15 + 45 als > 9 erkannt wird, stoppt der Prozess und geht zur nächsten Kombination über. Aber selbst mit dieser Bedingung prozessiert der Algorithmus immer noch obsolete Kombinationen. Warum? Bedenken wir, dass der Algorithmus allein schon die 15 als Möglichkeit in Erwägung zieht, erscheint es trivial, dass dieses Vorgehen nicht der richtige Weg für eine effiziente Lösung des Problems ist. Und hier erweist sich die Bedeutung der sogenannten begrenzten Enumeration. In der begrenzten Enumeration geht es genau um solche Bedingungen, die überflüssige Rechenprozesse von vornerein verhindern und somit den Weg zum Ziel deutlich verkürzen können. 


Diskussion und Ausblick


Die Automatisierung von redundanten manuellen Prozessen im Zuge der Reconciliation lässt sich leichter umsetzen, als Unternehmen sich das vorstellen können. Ein einfacher Algorithmus lässt sich bereits innerhalb 5 Personentage umsetzen und in Produktion überführen. Hierbei lässt sich das Tool entsprechend der individuellen Anforderungen beliebig erweitern. Diese Form von Digitalisierung ist ein hilfreicher Weg Mitarbeiter zu entlasten, vor allem aber ein Umfeld zu schaffen, worin das operationelle Geschäft nicht gefährdet wird. 


Die Visualisierung in Form eines Graphen lässt es zudem äußerst benutzerfreundlich und somit auch von Mitarbeitern bedienen, deren Focus nicht auf Datenverarbeitung liegt. 


Skalierung


Vertikale Skalierung mit einer EC2 Instanz ist nur begrenzt möglich, da dieses Vorgehen immer von der im Markt aktuell verbreiteten Technologie beziehungsweise der Leistungsfähigkeit der Technologien abhängig ist. Anders ist es bei der horizontalen Skalierung. Hier können mittels Parallelisierung der Prozesse auf einer Apache Hadoop Umgebung Rechenvorgänge so verteilt beziehungsweise runtergebrochen werden, sodass sie gleichzeitig gelöst werden können. Wichtig ist jedoch bei diesem Vorgehen, dass die Teilbarkeit in überlappungsfreie Lösungsräume beachtet wird. 


Graph Datenbank


Aber auch in der Graphentheorie finden sich Modelle, die für genau solche Optimierungsprobleme prädestiniert sind. Hierbei können Graph Datenbanken herangezogen werden, die Wege zu den passenden Matches verkürzen und somit die Rechenzeit deutlich verringern. Der Vorteil dieser Form ist, dass Algorithmen ohne Programmierkenntnisse herangezogen werden können. 


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Über den Autor


Gökhan Demirci ist als Unternehmensberater im Bereich Data Integration und Business Intelligence für ADVISORI bei unseren Kunden tätig. Mit seiner Berufserfahrung als Fachexperte, hat er Erfahrungen in Projekten zur Automatisierung von Geschäftsprozessen, insbesondere im Reporting mithilfe datengetriebener Lösungsansätze wie AWS Lambda, ETL- und BI-Tools oder Python. Seine Erfahrungen in der arbeitsintensiven Abstimmung von Sachverhalten im Rechnungswesen treiben ihn an, zu allen Fragestellungen immer den besten Match in der Technologie von heute zu finden. 


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